Als jahrtausende alte Kulturpflanze hat Reis seinen Weg von China und Korea ca. 300 v. C. nach Japan gefunden. Seither hat er dort mehr als nur den Stellenwert eines Grundnahrungsmittels erlangt.
Opfergaben für die Götter des Shintoismus oder an die Mönche der Tempel zeugen davon, wie wertvoll Reis in der japanischen Kultur ist und wie sehr er geschätzt wird. Das bezeugen alleine schon die verschiedenen Bezeichnungen, die für Reis verwendet werden:
Ine: Reispflanze
Gemmai: ungeschältes Reiskorn
Kome: geschältes Reiskorn
Gohan, Meshi: gekochter Reis
Japaner sind sehr stolz auf ihren im Inland – Kokusan Mai – produzierten Reis. Sie begreifen ihn als nationales Gut. Vor vielen Jahren erlebte ich in Japan einen Sommer, indem es wegen schwerer Regenfälle zu einem gravierenden Ernteausfall kam. Zum ersten Mal seit dem Krieg musste Reis importiert werden. Viele Japaner empfanden das als Demütigung und wollten partout nicht auf den aus anderen Ländern eingeführten Reis zurückgreifen. Ihr Nationalstolz stand ihnen dabei im Wege.
Ertönt der Ruf “Gohan desuyou”, bedeutet es, dass das Essen fertig ist und die Familie zum gemeinsamen Mahl gerufen wird. Reis fehlt in keinem Haushalt und wird mehrmals täglich zubereitet und gegessen. Von Kindheit an lernt man, nicht ein einziges Reiskorn übrig zu lassen und Reis niemals wegzuwerfen. Verreisen Japaner ins Ausland, so ist es der Reis, den sie am meisten vermissen. Nun ja, uns geht es nicht viel anders, wenn wir kein gutes Brot bekommen.
Aus Reis werden auch für die japanische Kultur wichtige Produkte wie Sake, Bier, Miso, Sojasauce, süße und salzige Knabbereien und vieles mehr hergestellt.
Hierzulande wird der japanische Reis, Oryza sativa japonica, irreführenderweise im Handel als Sushireis angeboten. In Japan werden aus diesem Reis sämtliche Reisgereichte zubereitet. Er ist nicht auf Sushi beschränkt. Natürlich mag die eine oder andere Unterart für den einen oder anderen Sushimeister besser geeignet scheinen, aber für uns europäische Laien ist der feine Unterschied kaum wahrnehmbar.
Ghohan ist für mich und meine Familie fester Bestandteil unserer Multi-Kulti-Küche. Der respektvolle Umgang mit diesem Lebensmittel nach japanischer Sitte ist in Leib und Seele übergegangen.